Feinstaub: Umweltzone in Wien ab Herbst 2013 denkbar

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Symbolbild FEINSTAUB(c) APA/BARBARA GINDL (Barbara Gindl)
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Ein Einfahrtsverbot für schadstoffreiche Fahrzeuge wird 2012 geprüft, sagt der Grüne Rüdiger Maresch. Umweltstadträtin Sima bleibt jedoch skeptisch, ob eine Umweltzone den gewünschten Effekt bringen kann.

Die rot-grüne Wiener Stadtregierung lässt eine Umweltzone in der Stadt im Kampf gegen den Feinstaub prüfen. Der grüne Umweltsprecher Rüdiger Maresch und die SP-Umweltstadträtin Ulli Sima kündigen eine Machbarkeitsstudie an, wo und in welcher Form ein derartiges Einfahrtsverbot für schadstoffreiche Fahrzeuge sinnvoll wäre. Die Zone könnte bereits mit Herbst 2013 in Kraft treten, sagte Maresch. Sima zeigte sich hingegen skeptisch, ob das Fahrverbot den gewünschten Effekt bringen würde.

Ob die Umweltzone tatsächlich kommen wird, hänge aber davon ab, "ob die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung außerhalb des Gürtels greift" - also ob durch die erhoffte Zurückdrängung des Autoverkehrs die Belastung durch Feinstaub und Stickoxide entsprechend reduziert werden kann. "Ich glaube aber fast, dass wir es machen müssen", prognostizierte Maresch.

Untersuchung erst Ende 2012

Da die zusätzlichen Parkpickerlzonen mit September 2012 gelten sollen, werde man spätestens mit Ende des kommenden Jahres diesbezügliche Vergleichswerte haben. Falls der gewünschte Effekt nicht erzielt werde, wolle man ein so gut wie fertiges Konzept für eine Umweltzone in der Schublade haben, erklärte der grüne Mandatar.

Die SPÖ hat in der Vergangenheit dieser langjährigen grünen Forderung regelmäßig eine Absage erteilt, nun ist der Vorstoß offenbar gemeinsam vereinbart. "Divergierende Ansichten gab es schon bei den Regierungsverhandlungen", so Sima. Man habe mit den Grünen jedoch vereinbart, mögliche Auswirkungen einer solchen Zone zu prüfen. Die Erfahrungen mit Umweltzonen in Deutschland hätten aber gezeigt, dass es auch nach der Einführung noch immer zu Überschreitungen bei den Feinstaubwerten gekommen sei.

Plaketten mit Abgasklassen

Laut Maresch wird rund die Hälfte des Wiener Feinstaubs durch den Verkehr produziert. Bei einer Umweltzone könnten schadstoffreiche Fahrzeuge nicht mehr in bestimmte Stadtgebiete einfahren. Konkret wünscht sich der Umweltsprecher ein derartiges Verbot etwa für alte Lkw und Diesel-Pkw bis inklusive der Abgasnorm Euro 2 bzw. Euro 3 ohne Nachrüstfilter. Verstöße würden entsprechende Strafen zur Folge haben.

Praktisch umgesetzt werden soll die Maßnahme mittels Plaketten, mit welchen Fahrzeuge entsprechend ihrer Abgasklasse versehen werden. Je nach Klassifizierung ist dann die Einfahrt in die Umweltzone erlaubt oder verboten - letzteres entweder generell oder an belastungsintensiven Tagen. Maresch wies allerdings darauf hin, dass letztere Variante schwer praktikabel sei, da sich die Werte binnen Stunden verändern könnten und so Kontrollen kompliziert würden. Trotz der Tatsache, dass Feinstaub vor allem zwischen Herbst und Frühjahr ein Problem darstellt, hält der Grünpolitiker auch wenig von einer saisonalen Zone. Denn im Sommer gebe es wiederum erhöhte Ozonbelastung.

Welche konkreten Stadtgebiete die Zone umfassen könnte, darüber soll die Studie Aufschluss geben. Möglich wären etwa der gesamte Stadtbereich oder alle Bereiche innerhalb der Vorortelinie oder des Gürtels, so Maresch. Er gab aber gleichzeitig zu bedenken, dass ein Großteil des Feinstaubs bzw. der Stickoxide nicht innerhalb des Gürtels, sondern im Umkreis der großen Einfallsstraßen entstehe.

"Verkehrspolitischer Unfug"

Die Wiener Opposition und die Autofahrerclubs haben naturgemäß gegen die mögliche Umweltzone protestiert. ÖAMTC-Jurist Martin Hoffer sprach von einem "verkehrs- und umweltpolitischen Unfug". Der Arbö kritisierte den "mordsbürokratischen Aufwand" einer solchen Zone, begrüßte aber die angekündigte Studie als "Beitrag zur Versachlichung".

"Die Feinstaubbelastung als Ausrede für Autofahrerschikanen zu benutzen, ist populistisch", kritisierte die ÖVP-Landtagsabgeordnete Karin Holdhaus. FP-Mandatar Anton Mahdalik stellte sich demonstrativ auf die Seite der Autofahrer: "Wir sind Auto."

Verordnung durch Berlakovich nötig

Rechtlich stehe einer Umweltzone in Wien jedenfalls nichts im Wege. Es brauche lediglich noch eine Verordnung durch Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP), welche die Einstufung von Fahrzeugen nach Emissionswerten bundesweit einheitlich regelt und entsprechende Plaketten vorschreibt. Der Minister hat laut Maresch allerdings eine solche in Aussicht gestellt, sollte seitens eines Bundeslandes der Wunsch danach bestehen.

Wien wäre die erste Stadt mit einer Umweltzone in Österreich. Die Einführung einer solchen war ursprünglich eigentlich mit Dezember 2011 in Graz vorgesehen. Nach der Landtagswahl in der Steiermark im Herbst 2010 machte der neue FPÖ-Verkehrslandesrat Gerhard Kurzmann dem Vorhaben allerdings einen Strich durch die Rechnung. Die Pläne liegen derzeit auf Eis.

"Wofür haben wir einen Umweltminister?"

Auch auf Bundesebene haben die Grünen am Donnerstag ein "Anti-Feinstaub-Paket" präsentiert. Es umfasst unter anderem einen sofortigen Planungsstopp für Autobahnen und Schnellstraßen in Luft-Sanierungsgebieten, eine Verkehrserregerabgabe für Einkaufszentren, den Ausbau von Parkraumbewirtschaftung, niedrigere Tempolimits und die Einführung von Umweltzonen.

Im Bereich von Gewerbe und Industrie enthält das Paket die Forderung nach einer Verschärfung der Emissionsgrenzwerte in der Branchen-Verordnung sowie die Rücknahme von Erleichterungen für Neuzulassungen und Erweiterungen von Betriebsanlagen. Eine "wirksame Gegenmaßnahme" sieht die Partei auch in einer Verordnung zur Begrenzung der Feinstaubemissionen bei Baumaschinen.

Kritik gab es an Umweltminister Berlakovich: Der oberösterreichische Umweltlandesrat Rudi Anschober fragt sich, "wofür wir einen Umweltminister haben". "Der Umweltminister könnte etwas ändern, wenn er wollen würde, und nicht ständig den Kopf in den Sand steckt und sich für nicht zuständig erklärt", sagte Verkehrssprecherin Gabriele Moser.

(APA/Red.)

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